„Hi Hasi. Du hast mal über toxischen Perfektionismus geschrieben und ich habe das. Ich bin nie mit irgendwas zufrieden, alles sieht immer scheiße aus. Ich versuche auch schon ganz lange, meine Bilder und Produkte auf Conventions zu verkaufen, aber ich glaube immer, dass die niemand kaufen will. Was mache ich falsch? Ist das Perfektionismus? Und wie überwindet man toxischen Perfektionismus?“

Die Ursachen von toxischen Perfektionismus

Ich kann und will die vollständigen Ursachen von Perfektionismus nicht aufrollen. Das geht tief in psychologische Schubladen. Kurz gesagt: Ständig den Anspruch an sich zu haben, perfekt sein zu müssen und keine Fehler zulassen zu können, liegt häufig – nicht immer – in Traumata aus der Kindheit. Als kleines Kind hast du irgendwas versucht, bis gescheitert und hättest es vermutlich nochmal versucht, aber irgend ein Blödmann hat dir sowas gesagt wie: „War ja klar, dass du das nicht hinkriegst.“ oder „Lass es doch, du schaffst du das eh nicht.“ oder „Lass mich das machen, das geht schneller.“ oder „Das ist nichts für Kinder.“ oder „Du kannst das nicht.“ oder „Das ist doch viel zu schwer für dich“. Halt irgendwelche blöden Sprüche, die dich als Kind davon überzeugt haben, dass deine Fehler etwas schlechtes sind und solange du gewisse Dinge nicht gleich richtig machst, kannst du es eigentlich auch gleich ganz lassen. Das führt dann im Erwachsenenalter schnell dazu, dass man über sein eigenes Scheitern frustriert ist. Schon kleinere Fehler bringen einen in heftige emotionale Zustände. Man ist wütend, gekränkt, zweifelt an sich selbst. Dann werden unvollendete Zeichnungen weggeworfen; man schreit sich selbst an, weil man nicht so viel verkauft hat, wie man gehofft hat; man traut sich nicht mehr ins Fitnessstudio, weil man seine Sets nicht schafft; man bewirbt sich nicht für seinen Traumjob, weil man denkt, man schafft es nicht. Das kann so weit gehen, dass man am Ende wirklich überhaupt nichts mehr tun will, weil man so unglaubliche Angst hat, zu scheitern. Wie gesagt, das ist Schubladenpsychologie und man könnte hier noch seeeehr weit in die Tiefe gehen.

Mein Erlebnis

Es gibt mehrere Möglichkeiten, gegen toxischen oder auch lähmenden Perfektionismus bzw. die Angst vorm Scheitern vorzugehen, je nachdem, wo es genau hakt. Ich stelle hier mal eine Methode vor, die gerade bei Künstlerleins ganz gut funktioniert.

Was den toxischen Perfektionismus so toxisch macht ist ein zu steifer Fokus auf das Ergebnis. Es zählt nur das Ergebnis und das muss so perfekt sein wie nur irgendmöglich. Ein Beispiel: In meiner Familie haben wir immer zusammen den Weihnachtsbaum geschmückt, so lang ich mich erinnern kann. Meine Schwester und ich waren noch recht pöksig damals und dementsprechend sah der Baum dann auch aus. Es war kein Bilderbuch-Baum, die Kugeln hingen irgendwo, die Farbzusammenstellung war eine Katastrophe und das Lametta hing zerknäult quer über den Ästen. Spielt aber keine Rolle, denn meine Schwester und ich hatten als Kinder unglaublich Spaß daran den Baum zu schmücken. Das Ergebnis war egal; allein der Prozess war wichtig. Meine Mutter hat sich immer mit uns gefreut und uns am Ende auch dafür gelobt, wie gut wir das gemacht haben. Sie hat aber weniger das Ergebnis gelobt, sondern mehr die Arbeit und Mühe, die wir in das Ergebnis investiert hatten. Es ging um den Spaß. Es ging um den Prozess, nicht um das Ergebnis. Eine Freundin von mir hingegen erzählt mal, wie das Baumschmücken in ihrer Familie abgelaufen ist. Da wurden die Kinder nämlich gar nicht an den Baum gelassen, sondern die Mama hat das schön allein gemacht, damit der Baum dann auch vernünftig aussieht. Hier ist das Ergebnis wichtiger als der Prozess. Und anstatt den Kindern beizubringen, wie man einen Baum schmückt und sich am Prozess einer familiären Zusammengehörigkeit und Teamarbeit zu erfreuen, wird den Kindern gar nicht erst zugetraut, ein perfektes Ergebnis abzuliefern.

Die Fokussierung auf ein perfektes Ergebnis, macht die Schönheit des Prozesses kaputt. Gerade unter Künstlerleins ist diese Fehleinschätzung weit verbreitet. Social Media hat da noch mehr Öl ins Feuer geworfen. In den Medien sieht man nur noch die wundervollen Ergebnisse, anstatt den Prozess, der dazu geführt hat und der durchaus Spaß machen kann. Der Algorithmus befeuert das Ganze dann noch viel mehr, in dem er nur noch DIE BESTEN und SCHÖNSTEN und AUSSERGEWÖHNLICHSTENS Ergebnisse zeigt. Jeder von uns lernt dadurch täglich, dass es nur das perfekte Ergebnis gibt. Der spaßige Prozess, der dahin geführt hat, der existiert gar nicht mehr.

Toxischer Perfektionismus.

Wie kann man den Kreis durchbrechen?

Was man also tun kann, ist, sich wieder darauf besinnen, was einem an dem Prozess so gut gefallen hat. Warum hat man mit dem zeichnen angefangen? Das muss einem vor dieser ganzen Perfektionismus-Kiste ja mal richtig Spaß gemacht haben, sonst hätte man damit ja nicht angefangen. Warum hat man angefangen zu schreiben? Warum hat man angefangen Sport zu treiben? Warum hat man angefangen, zu cosplayen, auf Conventions zu gehen, auf Partys zu gehen, sich mit Freunden zu treffen, Bilder zu malen, Klavier zu spielen, reiten zu gehen, Bücher zu lesen oder Physik zu studieren?

Versuch dich ganz klar darauf zu konzentrieren, was dir an dem Prozess gefällt, was dir Spaß macht und Freude bereitet. Und versuch möglichst keinen Wert mehr auf das Ergebnis zu legen. Wichtig ist nur, DASS du es fertig machst, nicht WIE es am Ende geworden ist.

( )_(✿)
(◉u◉ )o ⌒*:・゚✧
HasiAnn

 


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